Zweifach-geknickte Preis-Absatz-Funktion

Die zweifach- oder auch doppelt-geknickte Preis-Absatz-Funktion (PAF) kommt im Bereich der Marktform des heterogenen Polypols zur Anwendung, ist in drei Bereiche unterteilt und kann zudem auch als sog. Gutenberg-Funktion bezeichnet werden. [Erfinder der Funktion: Erich Gutenberg]

Unter einem heterogenen Polypol versteht man unterdessen einen Markt, in dem es viele Anbieter gibt, die Nachfrager jedoch nur wenige Anbieter bevorzugen. Eine andere Bezeichnung hierfür ist auch unvollkommener Markt. Auf diesem sind die Produkte zwar ähnlich, aber nicht komplett identisch und können so nicht einfach substituiert, also gegeneinander ausgetauscht werden.

Allgemeine Preis-Absatz-Funktion

Um die zweifach (doppelt)-geknickte Preisabsatz-Funktion (PAF) besser verstehen zu können, folgen zunächst ein paar wichtige Informationen zur allgemeinen Preis-Absatz-Funktion:

  • Die PAF wird verwendet, um die Preisbildung, also die Entstehung eines bestimmten Produktpreises zu erklären.
  • Mithilfe der PAF wird der Zusammenhang zwischen Absatzmenge und dem Preis, den das Unternehmen festlegt, erklärt.
  • Unternehmen verwenden die Preis-Absatz-Funktion, um den Produktpreis zu analysieren, mit dem sie die größte Produktmenge absetzen können.
  • Genauer gesagt: Es geht um die Produktmenge, die ein Käufer für einen bestimmten Produktpreis zu erwerben bereit ist.
  • Formel der PAF: Preis = Höchstpreis + Steigung x Absatzmenge

Rechenbeispiel zur linearen Preis-Absatz-Funktion

Stell Dir vor, Du produzierst 1000 Handyhüllen (Sättigungsmenge), die Du später verkaufen möchtest. Deine Kunden würden, laut einer Umfrage, maximal 20 Euro pro Hülle (Prohibitivpreis) zahlen wollen. Mit diesen Angaben kannst Du die Formel der Preis-Absatz-Funktion aufstellen:

Rechenbeispiel zur linearen Preis-Absatz-Funktion

x = Absatzmenge (Menge, die bei einem bestimmten Preis verkauft wird)

a = 1000 (Sättigungsmenge)

p = Preis, den du für eine Hülle verlangst (Preis pro Einheit)

b = 1000 / 20, also Sättigungsmenge bzw. produzierte Menge / höchster Preis (Steigung)

[Hinweis: Die Steigung beträgt eigentlich -50, aber durch die Umformung muss nicht „+-50“ gerechnet werden, sondern es kann direkt „-50“ gerechnet werden]

Ergebnis: Würdest Du also einen Preis von 20€ pro Handyhülle verlangen, so würdest Du keine Hülle an Deine Kunden verkaufen können. Anders sieht es aus, wenn Du nur 10€ verlangen würdest, denn hier könntest Du zumindest die Hälfte Deiner produzierten Menge verkaufen.

Bereiche der zweifach-geknickten Preis-Absatz-Funktion

Die zweifach (doppelt)-geknickte Preis-Absatz-Funktion kann in drei Bereiche unterteilt werden. Dabei werden die beiden äußeren Bereiche als atomistische bzw. polypolistische Bereiche und der mittlere Bereich als monopolistischer Bereich bezeichnet. Besonders ist hierbei zudem, dass die Randbereiche elastisch sind und der Bereich in der Mitte der Kurve eher unelastisch ist.

Zweifach-geknickte Preis-Absatz-Funktion

Monopolistischer Bereich

Der monopolistische Bereich befindet sich, wie die Abbildung zeigt, in der Mitte der Preisabsatz-Funktions-Kurve, zwischen den Punkten B und C. Trotz seiner steilen Darstellung reagiert die Nachfrage in diesem Abschnitt hinsichtlich einer Preisänderung nur sehr gering, wobei auch die Preiselastizität ebenfalls gering ist. Dies bedeutet für ein Unternehmen / Anbieter, dass hier der Produktpreis verändert werden kann, ohne dass es zu Reaktionen der Kunden kommt. In diesem Bereich herrscht somit also eine hohe Kundentreue, sodass das Unternehmen seine Produktpreise bis zur oberen Bereichsgrenze erhöhen und so ohne nennenswerte Kundenverluste gleichzeitig seine Umsätze steigern kann.

Genauer gesagt: Liegt der Produktpreis des Unternehmens zwischen den Punkten B und C in der Grafik, so haben Änderungen des Preises kaum Auswirkungen auf die Absatz- bzw. Nachfragemenge. Das Unternehmen verliert hier kaum Kunden, kann aber auch kaum neue Kunden dazugewinnen.

Atomistischer/Polypolistischer Bereich

Der atomistische bzw. polypolistische Bereich befindet sich, wie die Abbildung zeigt, am oberen und unteren Rand der Preisabsatz-Funktions-Kurve, also zwischen den Punkten A und B sowie zwischen den Punkten C und D. Überschreitet die Preisänderung den oberen Punkt B, kommt es also zu einer Preiserhöhung, und es muss mit einer starken Reaktion der Kunden gerechnet werden. Dabei ist es möglich, dass die eigenen Kunden aufgrund der gestiegenen Preise zur Konkurrenz abwandern.

Gleiches gilt, wenn der Preis unter den Punkt C rutscht, es also zu einer Preissenkung kommt. Denn auch hier werden starke Kundenreaktionen erwartet, die in diesem Fall jedoch vorteilhaft für das Unternehmen sind, da eine Vielzahl an Kunden der Konkurrenz durch die geringeren Produktpreise abgeworben werden können. Das Abwerben ist jedoch nur erfolgreich, wenn die betroffene Konkurrenz die Produktpreis beibehält, also keine Preissenkung durchführt. Kommt es jedoch auch bei den Konkurrenzunternehmen zur Produktpreissenkung, so kann sich ein ruinöser Preiswettbewerb entwickeln.

Diese Art des Wettbewerbs wird auch als Verdrängungswettbewerb bezeichnet und bedeutet nichts anderes, als dass Unternehmen auf Oligopolmärkten durch das Ansetzen der eigenen Produktpreise unterhalb der Selbstkosten andere Anbieter vom Markt verdrängen wollen.

Im Hinblick auf die Grafik zeigt sich also:

  • Preis über p2: geringere Nachfragemenge nach bestimmtem Produkt – Unternehmen hat weniger Kunden / verliert Kunden an die Konkurrenz
  • Preis unter p1: höhere Nachfragemenge nach bestimmtem Produkt – Unternehmen kann zusätzliche Kunden gewinnen / kann Kunden der Konkurrenz abwerben

Besonderheit: PAF im heterogenen Oligopol

Tritt die doppelt (zweifach)-geknickte Preis-Absatz-Funktion im heterogenen Oligopol auf, so ist dies eine Besonderheit, da sie im Normalfall nur im heterogenen Polypol Anwendung findet. Auch hier ist die Funktion in die atomistischen/polypolistischen Randbereiche und den monopolistischen Mittelbereich unterteilt. Jedoch gibt es hier ergänzend eine beeinflussende sog. Konkurrenzreaktion.

Allgemein sind in einem Oligopol nur einige wenige Anbieter vertreten, wobei auch hier kein vollkommener Markt vorliegt. Der Nachteil der nur wenigen Anbieter ist der, dass Kundenveränderungen eines Unternehmens für die Konkurrenzunternehmen spürbarer sind. Solche Veränderungen können entweder der Verlust oder der Gewinn von (neuen) Kunden durch das jeweilige Unternehmen sein.

Hinsichtlich der Konkurrenzreaktion zeigt sich: Senkt ein Unternehmen seinen Produktpreis so stark, dass dieser unter die Grenze des monopolistischen Bereichs rutscht, so wird auch die Konkurrenz die Preise senken. Gleiches geschieht bei einer Preiserhöhung. Das Unternehmen erhöht seinen Preis, und die Konkurrenz zieht (möglicherweise) mit. Diese Art der Konkurrenzreaktion wird in der nachfolgenden Abbildung deutlich.

Verschobene Preis-Absatz-Funktion

Erklärung der verschobenen Preis-Absatz-Funktion

Erhöht ein Unternehmen seinen Produktpreis von p0 auf p2, so wird es aufgrund der Reaktion der Konkurrenz nicht die gewünschte Produktmenge X2 (hellblauer Punkt) sondern X‘2 (dunkelblauer Punkt) erzielen können. Umgekehrt, wenn das Unternehmen seinen Produktpreis von p0 auf p1 senkt, so wird es auch hier aufgrund der Konkurrenzreaktion nicht die gewünschte Menge X1 (hellblauer Punkt), sondern nur die Produktmenge X‘1 (dunkelblauer Punkt) absetzen können.

Das Ziel des Unternehmens ist in beiden Fällen (Preissenkung und -erhöhung), auf der Kurve der Preis-Absatz-Funktion den Schnittpunkt von gewünschter Produktmenge mit dem Produktpreis zu erzielen. Aufgrund der Konkurrenz wird der eigentliche Schnittpunkt jedoch entweder nach unten auf H‘ bei einer Produktpreissenkung oder nach oben auf H‘ bei einer Produktpreiserhöhung verschoben. H‘ stellt hier die Zone dar, in der die Kunden keine Reaktionen zeigen, sie wird daher auch als sog. Gleitkurve bezeichnet. Sie ist somit vergleichbar mit dem monopolistischen Bereich innerhalb der zweifach-geknickten PAF.

Die Abbildung macht zudem deutlich, dass die gewünschte Absatzmenge (hellblaue Punkte) des Unternehmens sowohl bei der Preiserhöhung als auch bei der Preissenkung im atomistischen/polypolistischen Bereich der zweifach-geknickten PAF liegt.

Fazit zur zweifach-geknickten Preis-Absatz-Funktion

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die zweifach (doppelt)-geknickte Preis-Absatz-Funktion in drei Bereiche unterteilt werden kann, wobei die Randbereiche als atomistische/polypolistische und der mittlere Teil der Kurve als monopolistischer Bereich bezeichnet werden kann. Im Normalfall findet diese Art der PAF im heterogenen Polypol statt. Der mittlere Teil der Kurve zeichnet sich zudem dadurch aus, dass er sehr steil und unelastisch ist und die Kunden dort kaum eine Reaktion auf eine mögliche Preisänderung zeigen. Im Gegensatz dazu sind die Randbereiche eher flach und elastisch. Hier kommt es zu starken Kundenreaktionen auf Preissteigerungen bzw. -senkungen, sodass ein Unternehmen hier entweder Kunden verliert (Preissteigerung) oder Kunden gewinnt (Preissenkung).

Eine Sonderform ist das Auftreten der zweifach (doppelt)-geknickte Preis-Absatz-Funktion im heterogenen Oligopol. Hier wird die absetzbare Produktmenge durch die Konkurrenzreaktion beeinflusst. Dies bedeutet wiederum, wenn ein Unternehmen seine Preise senkt bzw. erhöht kann es nie die gewünschte Produktmenge absetzen, da es aufgrund der Reaktion seiner Konkurrenz mit der Absatzmenge i.d.R. in der reaktionsfreien Zone „landet“.

Learningsnack zur zweifach-geknickten PAF

Nachfolgend findest Du einen Learningsnack, mit dem Du Dein Wissen zur Preis-Absatz-Funktion sehr einfach testen kannst.

Quellen zur zweifach-geknickten Preis-Absatz-Funktion

betriebswirtschaft-lernen.net (o.J.). Onlinequelle, Preisabsatzfunktion, erreichbar unter: https://www.betriebswirtschaft-lernen.net/erklaerung/preisabsatzfunktion/, Abruf am: 10.06.2022.

Bundeszentrale für politische Bildung (2016). Onlinequelle, Verdrängungswettbewerb, erreichbar unter: https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/lexikon-der-wirtschaft/20986/verdraengungswettbewerb/, Abruf am: 20.06.2022.

BWL-Lexikon (o.J.), Onlinequelle, Preis-Absatz-Funktion, erreichbar unter: https://www.bwl-lexikon.de/wiki/preis-absatz-funktion/, Abruf am: 25.05.2022.

Diller (2008). Preispolitik, 4., vollständig neu bearbeitete und erweiterte Aufl., Verlag W. Kohlhammer, S. 79 – 81. [https://www.google.de/books/edition/Preispolitik/9NnLU0uVrgMC?hl=de&gbpv=1&dq=doppelt+geknickte+preis-absatz-funktion&pg=PA79&printsec=frontcover]

Hutzschenreuter, T. (2015). Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, 6., Aufl., Springer Gabler, Wiesbaden, S. 192 – 193.

Karteikarte.com (o.J.), Onlinequelle, Wie kommt die doppelt geknickte Preis-Absatz-Funktion beim Polypol auf dem unvollkommenen Markt zustande?, erreichbar unter: https://www.karteikarte.com/card/155706/64-wie-kommt-die-doppelt-geknickte-preis-absatz-funktion, Abruf am: 25.05.2022.

Lernnetz24.de (o.J.), Onlinequelle, Preisbildung im unvollkommenen Polypol (doppelt-geknickte Preis-Absatz-Funktion) – Multiple Choice, erreichbar unter: https://www.lernnetz24.de/vwl/hinweise/25.html, Abruf am: 04.06.2022.

Linde, F. (2008). Ökonomie der Information, 2., überarbeitete Aufl., Universität Göttingen, S. 67. [https://www.google.de/books/edition/%C3%96konomie_der_Information/pEiiDgImMicC?hl=de&gbpv=1]

Natrapei (2022), Onlinequelle, Preis-Absatz-Funktion: Berechnung, Formel und Beispiel, erreichbar unter: https://blog.hubspot.de/marketing/preis-absatz-funktion, Abruf am: 04.06.2022.

Preissetzung.de (o.J.), Onlinequelle, Doppelt geknickte Preis-Absatzfunktion, erreichbar unter: https://www.preissetzung.de/doppelt-geknickte-preis-absatz-funktion/, Abruf am: 25.05.2022.