Um das Gleichgewichtseinkommen in der offenen Volkswirtschaft verstehen zu können, muss zunächst den Konzept des Außenbeitrags einer Volkswirtschaft verstanden sein.
Inhaltsübersicht
Was versteht man unter dem Außenbeitrag?
Der Außenbeitrag als Teil der Verwendungsrechnung ergibt sich als Saldo zwischen den Exporten und Importen von Gütern sowie Dienstleistungen.
Der Export gibt an, in welchem Umfang Güter sowie Dienstleistungen aus der inländischen Produktion im Ausland verwendet werden. Importgüter und Dienstleistungen gehen zum Teil in Form von Vorleistungen in den Produktionswert der inländischen Produktion ein.[1]
Für das Ziel des außenwirtschaftlichen Gleichgewichts wird als Indikator meistens der Anteil des Außenbeitrags am BIP verwendet.[2] Der Außenbeitrag ergibt sich demnach als Differenz zwischen Exporten und Importen von Waren sowie Dienstleistungen. Da Deutschland traditionell mehr exportiert als importiert, ist der Saldo in der Regel positiv. Man spricht in diesem Zusammenhang auch vom Exportüberschuss.[3]
Ein positiver Außenbeitrag gibt also an, wie viel von der inländischen Produktion nicht selbst beansprucht wird, sondern dem Ausland verkauft. Entsprechend gibt ein negativer Außenbeitrag an, wie viel ein Inland importiert.[4]

Die Importe im gesamtwirtschaftlichen Gleichgewicht
Die gesamten inländischen Ausgaben (diese werden auch als Absorption bezeichnet) umfassen die Ausgaben sowohl für Güter, die im Inland produziert werden, als auch für importierte Güter. Importe sind also Teil der inländischen Ausgaben. Das Verhältnis der Ausgaben und Importe zueinander muss nicht konstant sein. Vor allem ist die Wettbewerbsfähigkeit eines Landes ausschlaggebend.
Eine reale Abwertung, also ein Rückgang des Wechselkurses, macht ausländische Güter teurer und hat somit negative Auswirkungen auf die Importe. Umgekehrt kurbelt eine reale Aufwertung, also ein Anstieg des Wechselkurses, die Importe an, diese werden nun günstiger werden.
Diese Beobachtungen sind in der Importfunktion zu erkennen. Diese Importfunktion besagt, dass die Importe mit der Absorption und mit dem realen Wechselkurs zunehmen:[5]
Die Importfunktion lautet: Z = Z (A, s)
Die Absorption A ist definiert als A = C + I + G.
Die Exporte im gesamtwirtschaftlichen Gleichgewicht
Die Exporte eines Landes stellen die Importe der restlichen Welt dar. Sie sind abhängig von der ausländischen Absorption A*.
Wenn der reale Wechselkurs s abnimmt, werden die inländischen Güter aus Sicht der Ausländer günstiger, und die Exporte steigen. Umgekehrt bewirkt eine reale Aufwertung einen Anstieg des Wechselkurses. Dadurch werden die Exporte kostspieliger. Das Ergebnis führt zur Exportfunktion: X = X (A*, s).[6]

Gleichgewichtseinkommen bei offener Volkswirtschaft mit staatlicher Aktivität
Um das Gleichgewichtseinkommen bei offene Volkswirtschaft zu verstehen, schaue Dir am besten zunächst das Gleichgewichtseinkommen der geschlossenen Volkswirtschaft an: https://wl-wirtschaftslehre.de/gleichgewichtseinkommen/
Um das Gleichgewichtseinkommen bei der offenen Volkswirtschaft herzuleiten, betrachten wir zunächst das Einnahmen-Ausgaben-Modell einer geschlossenen Volkswirtschaft.
Das Einnahmen-Ausgaben-Modell in einer geschlossenen und offenen Volkswirtschaft
Das Einnahmen-Ausgaben-Modell beruht auf der Vorstellung nach Keynes der effektiven Nachfrage. Nachfrage entsteht dann, wenn neben dem Nachfragewunsch auch das notwendige Einkommen vorhanden ist, um diesen zu realisieren. Eine effektive Nachfrage entsteht genau dann, wenn Yd, die Güternachfrage, dem Einkommen Y entspricht, somit gilt dann Yd = Y.
Ferner liegt ein Gleichgewicht auf dem Gütermarkt vor, wenn das Güterangebot Ya der Güternachfrage Yd entspricht, wenn somit gilt Ya = Y = Yd.
Der erste Teil dieser Bedingung ergibt sich aus der Entstehungsrechnung der volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, da diese das Angebot von Gütern und Dienstleistungen beschreibt.
Näheres zur Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung (VGR) findest du unter: https://wl-wirtschaftslehre.de/volkswirtschaftliche-gesamtrechnung-vgr/
Güternachfrage als Funktion des Einkommens
Die Güternachfrage ergibt sich aus dem Konsum von Haushalten und Unternehmen. Es gilt daher Yd = C(Y) + I(r) oder unter Annahme einer linearen Konsumfunktion Yd = cY +C0 +I(r).
Die Güternachfrage ergibt sich somit als Funktion des Einkommens Y und kann in ein Yd−Y-Diagramm eingezeichnet werden. Betrachtet man die Bedingung für die effektive Nachfrage Yd = Y ebenfalls als eine Funktion von Y, so wird sie zur ersten Winkelhalbierenden. Zeichnet man beide Funktionen in ein gemeinsames Diagramm wie in der folgenden Abbildung, so zeigt der Schnittpunkt das Gleichgewicht (Ausgleich von Angebot und Nachfrage) auf dem Gütermarkt.
Einnahmen und Ausgaben in der geschlossenen Volkswirtschaft
Die Abbildung zeigt das Einnahmen-Ausgaben-Modell einer geschlossenen Volkswirtschaft:

Quelle: Perret/Welfens (2019), S. 229.
Fügt man den Staat als Akteur ein, so erhöht er durch die Staatsnachfrage G die gesamtwirtschaftliche Nachfrage Yd und somit verschiebt sich die Konsumfunktion nach oben wie in der nachfolgenden Abbildung: Das Einnahmen-Ausgaben-Modell einer geschlossenen Volkswirtschaft mit staatlicher Aktivität
.

Quelle: Perret/Welfens (2019), S. 229.
Auf dem Weg zum Gleichgewichtseinkommen in der offenen Volkswirtschaft
Betrachtet man eine offene Volkswirtschaft, so erhöhen Exporte die Güternachfrage, während Importe die Güternachfrage (nach heimischen Gütern) reduzieren. Die Lage der Güternachfrage hängt somit von der Höhe der Nettoexporte ab. Die folgende Abbildung veranschaulicht den Zusammenhang für die Situation eines Leistungsbilanzüberschusses als auch eines Leistungsbilanzdefizits.[7]
Das Einnahmen-Ausgaben-Modell einer offenen Volkswirtschaft:

Quelle: Perret/Welfens (2019), S. 229.
Quellen und Literaturempfehlung zum Gleichgewichtseinkommen einer offenen Volkswirtschaft
Hewel, B., Neubäumer, R. (2017). Der Gütermarkt in: Lenk, T. (Hrsg.) Volkswirtschaftslehre. Grundlagen der Volkswirtschaftstheorie und Volkswirtschaftspolitik. 6. Aufl., Wiesbaden: Gabler-Verlag.
Cezanne, W. (2014). Allgemeine Volkswirtschaftslehre. Deutschland: De Gruyter.
Wyplosz, C., Burda, M. C. (2018). Makroökonomie: Eine europäische Perspektive. Deutschland: Vahlen. Perret, J. K.; Welfens, P. J. J. (2019), Arbeitsbuch Makroökonomik und Wirtschaftspolitik
[1] Vgl. Hewel/Neubäumer (2017), S. 197.
[2] Siehe dazu Cezanne (2014). S. 283.
[3] Vgl. https://www.destatis.de/DE/Themen/Wirtschaft/Volkswirtschaftliche-Gesamtrechnungen-Inlandsprodukt/Glossar/aussenbeitrag.html
[4] Vgl. Cezanne (2014). S. 283.
[5] Wyplosz/Burda (2018), S. 260
[6] Wyplosz/Burda (2018), S. 260.
[7] Vgl. Perret/Welfens (2019), S. 228.