Preisdifferenzierung

Preisdifferenzierung bedeutet allgemein, dass ein identisches Produkt zu unterschiedlichen Preisen unterschiedlichen Kunden(gruppen) angeboten wird, sodass die maximale Zahlungsbereitschaft eines Konsumenten abgeschöpft werden kann. Das bedeutet, dass der Anbieter seine Preise so gestaltet, dass die Kunden den höchstmöglichen Preis, den sie bereit sind, für das jeweilige Produkt zu zahlen, am Ende auch wirklich zahlen. So passt die Preisdifferenzierung ideal zum Unternehmensziel der Gewinnmaximierung.

Die Preisdifferenzierung wird auch als Preisdiskriminierung bezeichnet und ist ein Instrument der Preispolitik.

Voraussetzungen

  • Vorhandensein unterschiedlich hoher Zahlungsbereitschaften der Konsumenten
  • Möglichkeit der Marktsegmentierung
    • Zahlungsbereitschaften voneinander unterscheidbar
    • Kunden in verschiedene Gruppen / Segmente einteilbar
  • Unterschiedliche Reaktionen der Konsumenten auf Preisänderungen (Aufweisen unterschiedlicher Preiselastizitäten je Kunde)
  • Vorliegen unvollkommener Märkte
  • Vermeidung von Arbitrage (= Ausnutzen von Preisunterschieden auf verschiedenen Märkten, um Gewinne risikoarm bzw. risikolos erzielen zu können)

Ziele

Die Ziele der Preisdifferenzierung sind zum einen die Gewinnmaximierung eines Unternehmens und zum anderen die Gewinnung neuer Kunden. Der Handel versucht hierbei, das Kaufverhalten der Verbraucher durch Ansprache der zum Produkt möglicherweise passenden Kunden positiv zu beeinflussen.

Ziele aus Sicht der BWL

Auch aus Sicht der BWL lautet das Ziel, den Gewinn des Unternehmens zu maximieren, jedoch zielt die BWL zusätzlich darauf ab herauszufinden, wie dieses Unternehmensziel erreicht werden kann. Daher werden hier weitere untergeordnete Zielbereiche betrachtet, die in der Literatur auch als „Strategisches Dreieck“ bezeichnet werden. Die drei Bereiche stehen in Wechselbeziehung zueinander, bedingen sich also gegenseitig und bestimmen, wie gut das Ziel der Preisdifferenzierung erreicht werden kann.

Strategisches Dreieck der Unternehmensziele (in Anlehnung an Behncke, 2019. Onlinequelle)

Begriffserklärungen zum strategischen Dreieck

  • Skaleneffekte: Kostenvorteile eines Unternehmens bei sinkenden/niedrigen Herstellungskosten je Produkt
  • Konsumentenrente: Unterschied zwischen Produktpreis, den Käufer zu zahlen bereit ist und dem am Ende wirklich gezahlten, niedrigeren Preis im Markt-Gleichgewicht
  • Nische: kleiner Marktanteil, der noch nicht / nur kaum durch Wettbewerber besetzt ist → noch wenig Konkurrenz)

Marktvoraussetzungen aus Sicht der BWL

  • Kundensegmente müssen voneinander abgrenzbar sein
  • Begrenzte Kommunikation zwischen Segmenten
  • Produkte sind nicht übertragbar, also kein Weiterverkauf möglich (→ keine Arbitrage!)
  • Angemessenheit entstehender Kosten, z.B. für Marktforschung
  • Vorliegende Preisdifferenzierung muss als fair vom Kunden wahrgenommen werden

Ziele aus Sicht der VWL

Der Grund für die unternehmerische Preisdifferenzierung besteht, wie oben bereits skizziert, darin, dass unterschiedliche Konsumentengruppen eine unterschiedliche Zahlungsbereitschaft besitzen, sodass je nach Gruppe die Struktur der Nachfrage verschieden ist. Dies bedeutet wiederum, dass dem Unternehmen unterschiedliche Funktionen im Hinblick auf die Kundennachfrage vorliegen, was dazu führt, dass die jeweiligen Produktpreise an die jeweiligen Nachfragefunktionen angepasst werden, um so den Unternehmensgewinn erhöhen zu können.

Marktvoraussetzungen aus Sicht der VWL:

  • Vorliegen eines unvollkommenen Marktes (Angebot unterschiedlicher Produkte auf einem Markt → nur so Differenzierung möglich!)
  • Möglichkeit, den Markt in voneinander unterscheidbare Teilmärkte aufzuteilen
  • Auftreten von Zwischenhändlern vermeiden (diese nutzen Arbitrage!)
Infografik zur Preisdifferenzierung

Vorteile der Preisdifferenzierung

  • Gewinnung neuer Kunden
  • Bestandskunden an Unternehmen binden
    • Kundenbeziehungen intensivieren
  • Preisstruktur an Wettbewerber anpassen
  • Kunden mehr Wahlmöglichkeiten
  • Geringe Lagerbestände führen zur Lagerräumung
  • Nischen können besetzt werden
  • Gute Auslastung (z.B. saisonale Schwankungen)
  • Gezielte Kundenansprache
  • Kaufverhalten des Kunden positiv beeinflussen

Verdeutlichung des Vorteils einer Differenzierung des Preises anhand eines Beispiels:

Du planst die Eröffnung einer neuen Pizzeria in deiner Stadt. Du kannst 100 Personen von deinem Essensangebot überzeugen. Die oberste Preisgrenze für eine Pizza sind 20€.

Die erste Grafik zeigt den Pizzaverkauf ohne Preisdifferenzierung: Die Kurve zeigt, je höher der Pizzapreis ist, desto weniger Kunden kaufen sie und desto geringer wird dein Umsatz sein.

Pizzapreise ohne Preisdifferenzierung

Die zweite Grafik zeigt den Pizzaverkauf mit der Preisdifferenzierung: Es werden verschiedene Pizzavariationen angeboten, sodass die günstigste Pizza für 4,00 € pro Stück 80 Personen kaufen, die mittelpreisige Pizza 50 Personen kaufen und die teuerste Pizza für 18,00€ findet noch 10 Abnehmer, so zeigt sich ein höherer Umsatz durch die Differenzierung der Preise.

Pizzapreise mit Preisdifferenzierung

Ausprägungen der Preisdifferenzierung (nach Pigou)

Hinsichtlich der Intensität der Differenzierung lassen sich drei Grade unterscheiden.

Preisdifferenzierung 1. Grades

Die Preisdifferenzierung 1. Grades beschäftigt sich mit personalisierten Preisen und stellt die perfekte Preisdifferenzierung dar. Bei dieser Ausprägung bekommt jeder Kunde einen individuellen Produktpreis hinsichtlich seiner persönlichen Zahlungsbereitschaft. Als Voraussetzung für diese Ausprägung muss die oben genannte, individuelle Zahlungsbereitschaft des Kunden bekannt bzw. ermittelbar sein.

Wichtig bei den personalisierten Preisen ist, dass diese durchsetzbar sind und die erworbenen Produkte nicht weiterverkauft werden, da sonst Arbitrage droht.

Preisdifferenzierung 2. Grades

Die Preisdifferenzierung 2. Grades beschäftigt sich mit der Selbstselektion. Das Unternehmen stellt dem Konsumenten ein bestimmtes Produkt in unterschiedlichen Variationen zur Verfügung, und dieser entscheidet selbst, welche Variante er kauft. Die Voraussetzungen für diese Ausprägung der Differenzierung sind im Hinblick auf die verschiedenen Arten der Preisdifferenzierung zu unterscheiden:

  • Zeitliche Differenzierung: Produktpreis abhängig von Kaufzeitpunkt
  • Räumliche Differenzierung: Produktpreis abhängig vom jeweiligen Kaufort
  • Qualitative Differenzierung: Produktpreis abhängig von Produktqualität
  • Quantitative Differenzierung: Produktpreis abhängig von Kaufmenge

Preisdifferenzierung 3. Grades

Die Preisdifferenzierung 3. Grades beschäftigt sich mit der Segmentierung und hat eine gewisse Ähnlichkeit mit der Preisdifferenzierung 1. Grades. Der Unterschied besteht jedoch darin, dass das Ziel die Ansprache ganzer Kundengruppen ist und nicht, wie bei der Differenzierung 1. Grades, nur einzelne Konsumenten angesprochen werden. Um eine solche Käufergruppe identifizieren zu können, wird eine sog. Clusteranalyse verwendet. Das bedeutet, dass Kunden hinsichtlich verschiedener Aspekte wie Geschlecht, Alter oder auch dem Beruf unterschieden werden und dadurch sog. Cluster aus diesen Kunden mit ähnlichen Merkmalen entstehen.

Zeitliche Preisdifferenzierung

Bei der zeitlichen Preisdifferenzierung ist der Produktpreis für einen gewissen Zeitraum höher oder niedriger. Die Zeiträume können hierbei Stunden, Tage und Wochen, bis zu ganzen Saisons oder Jahreszeiten sein. Aus diesem Grund findet die zeitliche Differenzierung der Preise vor allem bei den Produkten Anwendung, die nur saisonal zur Verfügung stehen. Aber auch für Dienstleistungen wird diese Differenzierung verwendet und dies vorzugsweise im B2C-Bereich (Business-to-Consumer), also zwischen Unternehmen und Kunden.

Praxisbeispiel: Eine Urlaubsreise in der Hauptsaison ist deutlich teurer als in der Nebensaison.

Räumliche Preisdifferenzierung

Die räumliche Preisdifferenzierung bezieht sich wortwörtlich auf den Raum, also z. B. auf den Standort einer Filiale inklusive der Umgebung. Hierbei kann ein Produkt teurer angeboten werden, wenn in direkter Nähe kein Konkurrenzunternehmen angesiedelt ist und der Kunde so in seiner Wahl eingeschränkt ist. Auch kann zwischen regionaler und internationaler Preisdifferenzierung unterschieden werden.

Beispiel für regionale Preisdifferenzierung:

Eine Tankstelle ohne Konkurrenz in direkter Nähe kann höhere Benzinpreise verlangen, da die Verbraucher keine andere Wahl haben, als zu tanken → Inkaufnahme des höheren Preises

Beispiel für internationale Preisdifferenzierung:

Der Preis für deutsches Bier ist im Ausland deutlich höher als in Deutschland

Personelle Preisdifferenzierung

Eine Art, bei der auch die Bezeichnung der Preisdiskriminierung besonders deutlich wird, ist die personelle Preisdifferenzierung, auch zielgruppenorientierte Differenzierung genannt. Hierbei gibt es unterschiedliche Produktpreise für unterschiedliche Kundengruppen. Dabei zeigt sich, dass diese Preisdifferenz von persönlichen Merkmalen wie dem Alter oder dem Geschlecht abhängt, was zudem die Zuordnung zu bestimmten Zielgruppen vereinfacht. Voraussetzung für diese Art der Differenzierung ist die korrekte Segmentierung der Kunden, da deren Merkmale die unterschiedlichen Preise für ein Produkt bedingen. Auch die personelle Preisdifferenzierung findet vor allem im B2C-Bereich Anwendung.

Vorteile dieser Preisdifferenzierung, in Form von Angeboten oder Preisnachlässen:

  • Schüler- /Studentenrabatte
  • Stammkundenrabatte
  • Kundenkarten
  • Rentner- und Familienrabatte

Praxisbeispiel: Frisör → Männer zahlen meist weniger als Frauen, auch Senioren und Kinder erhalten oft einen Preisrabatt.

Sachliche Preisdifferenzierung

Bei der sachlichen Preisdifferenzierung geht es um die unterschiedliche bzw. individuelle Verwendung eines Produktes. Hierbei hängt der Preis (teurer oder günstiger) davon ab, wie das Produkt eingesetzt wird; also von seinem Verwendungszweck.

Praxisbeispiel: Unterschiedliche Tarife beim Strompreis je nach Gebrauch:

  • Privater Gebrauch
  • Industrieller Gebrauch
  • Gewerblicher Gebrauch

Qualitative Preisdifferenzierung

Bei der qualitativen Preisdifferenzierung steht das Produkt bzw. seine Qualität im Mittelpunkt. Das bedeutet, dass Produkte in verschiedenen Varianten angeboten werden, die sich nur minimal in ihrer Qualität / ihrem Design unterscheiden, dadurch aber unterschiedliche Preise haben.

Praxisbeispiel: Die gebundene Ausgabe eines Buches ist meist deutlich teurer als die Taschenbuchvariante.

Quantitative Preisdifferenzierung

Bei der quantitativen Preisdifferenzierung hängt der Produktpreis von der jeweiligen Absatzmenge ab und wird in den meisten Fällen im sog. B2B-Bereich, also zwischen zwei Unternehmen, eingesetzt, aber auch bei privaten Kunden. Hierbei zählt immer: Je höher die Menge, desto niedriger der Preis.

Praxisbeispiel: Allgemeine Mengenrabatte (Kauf 3 zahl 2)

Horizontale Preisdifferenzierung

Innerhalb der horizontalen Preisdifferenzierung wird der Gesamtmarkt in unterschiedliche Käuferschichten aufgeteilt, die wiederum in sich homogen, also gleich sind. Dann haben die Käuferschichten unterschiedlich hohe Zahlungsbereitschaften bezüglich eines bestimmten Produktes. Somit wird der jeweilige Produktpreis an dem Nutzen und Wert des Produktes aus Käufersicht angepasst. Voraussetzungen für eine horizontale Preisdifferenzierung ist ihre Wirtschaftlichkeit sowie die Möglichkeit der Kontrolle der Zugehörigkeit zu einer Käuferschicht.

Praxisbeispiel: Preise für Rentner und Studenten

Vertikale Preisdifferenzierung

Innerhalb der vertikalen Preisdifferenzierung wird der Gesamtmarkt in Teilmärkte zerlegt, die voneinander isoliert sind. Somit befinden sich auf den Teilmärkten Käufer mehrerer bzw. unterschiedlicher Preisschichten, sodass für jeden Teilmarkt unterschiedliche Produktpreise festgelegt werden können.

Praxisbeispiel: Automobilindustrie → Gleiche Automarken zu unterschiedlichen Preise in unterschiedlichen Ländern angeboten

Leistungsbezogene Preisdifferenzierung

Bei einer leistungsbezogenen Preisdifferenzierung wird ein Produkt in unterschiedlichen Variationen, mit unterschiedlicher Leistung und somit zu unterschiedlichen Preisen angeboten. Innerhalb dieser Preisdifferenzierung kann es auch zu vertriebs- oder produktspezifischen Differenzierungen kommen. Damit die leistungsbezogene Preisdifferenzierung erfolgreich ist, müssen die Kunden die Nutzenunterschiede der Produktvariationen erkennen und für sie von Bedeutung sein.

Praxisbeispiel produktspezifische Differenzierung: Flug → First-Class, Business, Economy

Mehrpersonenpreisdifferenzierung

Innerhalb der Mehrpersonenpreisdifferenzierung geht es darum, ein bestimmtes Produkt an eine Gruppe von Personen (Kunden) zu verkaufen. Dabei ist der Produktpreis abhängig von der Größe der jeweiligen Gruppe. Ergänzend lässt sich diese Art der Preisdifferenzierung in drei weitere Unterkategorien unterteilen:

  • 1. Art der Mehrpersonenpreisdifferenzierung: Jeder Kunde kauft die identische Produktmenge
  • 2. Art der Mehrpersonenpreisdifferenzierung: Jeder Kunde kauft eine individuelle Produktmenge (z.B. Sammelbestellungen bei einem Onlinehändler)
  • 3. Art der Mehrpersonenpreisdifferenzierung: Mehrere Kunden kaufen ein Produkt gemeinsam (z.B. Gruppenticket für die Bahn)

Praxisbeispiel: Streamingdienste → Spotify bietet Familien- oder Duo-Tarife an, sodass der Produktpreis für jedes Gruppenmitglied günstiger ist als der normale Einzeltarif

Mehrdimensionale Preisdifferenzierung

Bei der mehrdimensionalen Differenzierung von Preisen geht es um die Kombination aus einer Preisdifferenzierungsart und einer Preisbündelung, um Kunden(-segmente) expliziter ansprechen zu können. Die häufigsten Kombinationen in Verbindung mit einer Preisbündelung sind die personenbezogenen, die zeitlich-mengenbezogenen und die zeitlich-leistungsbezogenen Differenzierungen.

Praxisbeispiel: Handytarif (je teurer das Paket, desto mehr Leistung erhält der Kunde)

Differenzierung verschiedener Tarife

Fazit zur Preisdifferenzierung

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass es verschiedene Arten der Differenzierung von Preisen gibt, mithilfe derer die unterschiedlichen Produktpreise begründet werden können. Somit kann der Preis entweder vom Kaufzeitpunkt oder vom Kaufort eines Produktes abhängig. Auch ist es möglich, dass der Preis von den persönlichen Merkmalen eines Kunden abhängt. Zudem kann die Differenzierung des Preises anhand des Verwendungszwecks, der Qualität oder der Absatzmenge des jeweiligen Produktes begründet sein. Werden Käufer beispielsweise anhand ihrer Zahlungsbereitschaft in unterschiedliche Schichten (in sich homogen) aufgeteilt, so kann auch hier der Preis unterschiedlich sein. Gleiches gilt bei der Aufteilung in Teilmärkte, in denen sich Käufer verschiedener Schichten befinden.

Gibt es mehrere Varianten eines Produktes, die wiederum unterschiedliche Leistungen aufweisen, so kann es auch hier unterschiedliche Produktpreise geben. Außerdem besteht die Möglichkeit ein Produktpreis an eine Bedingung wie die Gruppengröße der Käufer zu knüpfen oder aber auch mehrere Arten der Differenzierung von Preisen miteinander zu kombinieren, um so unterschiedliche Produktpreise anbieten/begründen zu können. Zudem kann die Differenzierung unterschiedliche Ausprägungen besitzen: Preisdifferenzierung 1., 2. und 3. Grades, die sich mit personalisierten Preisen, der Selbstselektion sowie der Kundensegmentierung beschäftigen.

Learningsnack

Mit unserem abschließenden Learningsnack zur Preisdifferenzierung kannst Du testen, wieviel Du Dir bereits gemerkt hast. Auch wenn Du zunächst eine falsche Antwort gibst, hast Du die Möglichkeiten, beim zweiten Mal die richtige Antwort einzutragen. Und wenn auch dann noch nicht alles richtig ist, kannst Du Dir die Lösungen anzeigen lassen.