Finanzierung

Unter Finanzierung  versteht man alle Maßnahmen, die der Bereitstellung von Geldmitteln (= liquide Mittel) und Sachmitteln für die Leistungserstellung eines Unternehmens dienen. Diese wichtige Thema hat Milena Schummer von der htw saar für Dich einmal genauer untersucht.

Die  Finanzierung ist keine einmalige Maßnahme bei der Gründung eines Unternehmens, sondern ist ein immer wiederkehrender Prozess des Beschaffens, Freisetzens und Wiedereinsetzens von liquiden Mitteln, um Investitionen zu ermöglichen. Alle Finanzierungsmaßnahmenfinden sich in der Kapital- und Vermögensausstattung eines Unternehmens wieder.

Nachfolgend ist eine Bilanz abgebildet, in der ersichtlich ist, auf welcher „Seite“ Finanzierungsaktivitäten stattfinden.

Aufbau der Bilanz mit Investition und Finanzierung

Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an Jürgen Müller, Betriebswirtschaftslehre der Unternehmung, 2013, S.436

Beispiele für Investitionen und Finanzierungen:

  • Die Bank gewährt dem Unternehmen einen Kredit zum Maschinenkauf (Finanzierung). Mit dem bereitgestellten Kredit bezahlt das Unternehmen eine neue Maschine (Investition).
  • Ein neu eingetragener Gesellschafter stellt sein PKW zur Verfügung (Finanzierung). Der von dem neuen Gesellschafter eingebrachte PKW dient nun als Dienstfahrzeug (Investition).

Welche Arten der Finanzierung gibt es?

Die jeweilige Art der Finanzierung lässt sich durch die Herkunft des zur Verfügung gestellten Kapitals identifizieren. Dabei ist zwischen Innenfinanzierung und Außenfinanzierung und zwischen Eigenfinanzierung und Fremdfinanzierung zu unterscheiden.

Finanzierungsarten

Quelle: Eigene Darstellung, in Anlehnung an https://www.modu-learn.de/verstehen/investition-finanzierung/finanzierungsarten/

Fremdfinanzierung

Die Fremdfinanzierung stellt die Bereitstellung von Geld- und Sachmitteln durch Organisationen oder Personen dar, die außerhalb des Unternehmens stehen. Das sind die sogenannten Kreditgeber oder Gläubiger.

Merkmale der Fremdfinanzierung: 

  • Ein Gläubiger überlässt einem Unternehmen für einen befristeten Zeitraum liquide Mittel.
  • Das Unternehmen verpflichtet sich, Zinsen auf die Geldsumme zu zahlen und den Betrag zu einem im Voraus vereinbarten Termin zurückzuzahlen.
  • Fremdfinanzierungen werden oftmals genutzt, wenn ein kurzfristiger Liquiditätsbedarf im Unternehmen vorliegt.

Ein Beispiel für eine klassische Fremdfinanzierung wäre die Vergabe eines Kredites durch eine Bank. Auch Anleihen oder Anzahlungen von Kunden sind in den Bereich der Fremdfinanzierung von Unternehmen zuzuordnen.

Eigenfinanzierung

Die Eigenfinanzierung beinhaltet alle Finanzierungsarten, die dem Unternehmen zusätzliches Eigenkapital bereitstellen. Das Kapital zur Finanzierung  kann entweder durch eigene Mittel, durch die sogenannte Innenfinanzierung, oder von extern, durch die sogenannte Außenfinanzierung, in das Unternehmen einfließen. 

Merkmale der Eigenfinanzierung:

  • Das Kapital steht dem Unternehmen unbefristet zur Verfügung.
  • Es muss nicht zurückgezahlt werden. Es kann sein, dass dafür Renditen ausgezahlt werden müssen.
  • Die Eigentümer, die sich an der Eigenfinanzierung beteiligen, sind sowohl am Gewinn als auch am Verlust beteiligt und haben Mitwirkungsrechte und ggf. Haftungspflichten.

Zu den beliebtesten Arten der Eigenfinanzierung gehören zum Beispiel die Ausgabe von Aktien  oder die Einbehaltung von erzielten Gewinnen.

Innenfinanzierung

Bei der Innenfinanzierung wird Kapital aus dem Inneren des Unternehmens selbst für Investitionen verwendet. Die Innenfinanzierung kann auf unterschiedliche Art und Weise erfolgen. Die verschiedenen Varianten werden im Folgenden beschrieben.

Finanzierung aus Rückstellungen

Die Finanzierung aus Rückstellungen ist eine Variante der Innenfinanzierung. Bei der Finanzierung aus Rückstellungen werden Rücklagen gebildet, die als Aufwand gebucht werden und somit den Gewinn des Unternehmens mindern. Da der Gewinn gemindert wird, es aber zu keiner Auszahlung kommt, können die Rücklagen im Unternehmen zu Finanzierungszwecken verwendet werden. Das kann so lange umgesetzt werden, bis die Rückstellungen, zum Beispiel für Pensionszahlungen, benötigt werden.

Finanzierung aus Abschreibung

Bei der Finanzierung aus Abschreibungen wird Kapital aus der Steuerersparnis des Unternehmens durch die bilanzielle Abschreibung und die kalkulatorische Abschreibung bereitgestellt. Ist der Wert der bilanziellen Abschreibung höher als der der kalkulatorischen Abschreibung, kann ein Gewinn realisiert werden.

Dies erfolgt, da ein Teil des tatsächlichen Gewinns nicht als Gewinn, sondern als Aufwand ausgewiesen wird und so vor der Ausschüttung und Besteuerung bewahrt wird. Das funktioniert nur, da Abschreibungen im Gegensatz zu anderen Kosten wie z. B. Gehälter oder Materialaufwand nicht ausgezahlt werden. Deshalb kann das Unternehmen die freigesetzten liquiden Mittel für bevorstehende Investitionen verwenden.

Selbstfinanzierung

Die Selbstfinanzierung dient der Bereitstellung von liquiden Mitteln durch die Einbehaltung von Gewinnen eines Unternehmens. Die Selbstfinanzierung kann entweder in Form einer offenen Finanzierung oder stillen Finanzierung erfolgen.

Offene Selbstfinanzierung

Die offene Selbstfinanzierung erfolgt durch die Finanzierung aus Umsatzerlösen. Sie wird auch als Gewinnthesaurierung bezeichnet. Bei der offenen Selbstfinanzierung wird der ausgewiesene Gewinn nicht ausgeschüttet, sondern einbehalten. Dadurch erhöht sich das ausgewiesene Eigenkapital.

Stille Selbstfinanzierung

Die stille Selbstfinanzierung entsteht durch eine Unterbewertung des Vermögens oder eine Überbewertung der Schulden. Der überhöht ausgewiesene Aufwand verdeckt dann den tatsächlich erzielten Gewinn und bewahrt ihn vor der Besteuerung und der Ausschüttung. Der nicht ausgewiesene Gewinn wird einbehalten und in Form der stillen Selbstfinanzierung innerhalb des Betriebs verwendet. Man spricht bei der stillen Selbstfinanzierung deshalb auch von der Bildung von sogenannten stillen Reserven.

Vorteile und Nachteile der Selbstfinanzierung

Vorteile  Nachteile 
Die Kreditfähigkeit wird durch die Erhöhung des Eigenkapital erhöht.  Es gibt hohe Liquiditätsbestände im Unternehmen. 
Es müssen keine Fremdkapitalzinsen gezahlt werden.Werden die Rücklagen aufgelöst, fallen Steuern an. 
 Es ist möglich, den Gewinn zu manipulieren.
Tabelle der Vorteile und Nachteile der Selbstfinanzierung

Beispiel Innenfinanzierung

Die Elektro GmbH möchte eine Innenfinanzierung aus Umsatzerlösen durchführen. Im Folgenden hat sie Angaben zu ihrer GuV (Gewinn- und Verlustrechnung) gemacht:

Umsatzerlöse:1.000.000€
Aufwand:300.000€
Abschreibungen:120.000€
Erhöhung der Rückstellungen:200.000€
JÜ (Jahresüberschuss):380.000€

Im abgelaufenen Geschäftsjahr hat die Elektro GmbH noch einen Kredit in Höhe von 100.000 € getilgt und eine Investition in Höhe von 50.000€ getätigt.

Nun fragt sie sich, wie hoch ihr gesamtes Innenfinanzierungsvolumen aus dem Perioden-Cashflow (Gewinne, Rückstellungen und Abschreibungen) ist.

Achtung: Kredite und Investitionen mindern das Perioden-Cashflow!

Lösung:

Gesamter Perioden- Cashflow:

   380.000€ (offene Selbstfinanzierung aus JÜ)

+ 200.000€ (Finanzierung aus Rückstellungen)

+ 120.000€ (Finanzierung aus Abschreibungen)

– 100.000€ (Kredittilgung)

– 50.000€ (Investition)

= 550.000€ Rest-Perioden-Cashflow (= Innenfinanzierungsvolumen)

Das Innenfinanzierungsvolumen der Elektro GmbH beträgt 550.000€. 

Außenfinanzierung

Bei der Außenfinanzierung fließen liquide Mittel von außen in das Unternehmen.

Dies erfolgt entweder durch Einlagen von Unternehmenseignern oder durch Beteiligungenvon Gesellschaftern im Bereich der Eigenfinanzierung.

Im Bereich der Fremdfinanzierung können durch Kredite von Banken oder Sonderformen wie zum Beispiel das Leasing oder Factoring Geldmittel generiert werden. Für die Außenfinanzierung stehen insbesondere die folgenden Möglichkeiten bereit:

  • Beteiligungsfinanzierung
  • Kreditfinanzierung

Beteiligungsfinanzierung

Bei der Beteiligungsfinanzierung wird Eigenkapital durch Geld- oder Sacheinlagen von Eigentümern oder neuen Gesellschaftern eines Unternehmens bereitgestellt. Durch die Bereitstellung dieser Mittel von außen werden die Kapitalgeber zu Miteigentümern, Gesellschafter oder Aktionäre.

Diese Art der Finanzierung wird nicht nur bei der Neugründung eines Unternehmens angewandt, sondern auch bei bereits bestehenden Unternehmen, die eine Kapitalerhöhung durchführen möchten.  Eine Kapitalerhöhung liegt vor, wenn das gezeichnete Kapital (Grundkapital) erhöht wird.

Es  gibt verschiedene Formen der Kapitalerhöhung:

Die  Beteiligungsfinanzierung ist bei Kapitalgesellschaften (z. B. AG), Personengesellschaften (z. B. OHG) oder Einzelunternehmen möglich. Wie die Beteiligungsfinanzierung erfolgt, entscheidet die jeweilige Unternehmensform.

Kapitalerhöhung bei eine GmbH

Bei einer GmbH wird das Eigenkapital (Stammkapital) durch einen oder mehrere Gesellschafter beschafft, indem diese eine sogenannte Stammeinlage einbringen. Eine Kapitalerhöhung kann nur durch vertraglich festgelegte Nachschüsse erhöht werden. Einfacher ist deswegen, einen neuen Gesellschafter aufzunehmen, der eine Geldeinlage erbringt. 

Kapitalerhöhung bei einer Personengesellschaft

Bei einer OHG oder GbR erfolgt die Eigenkapitalbeschaffung durch das Einbringen von Geldeinlagen mehrerer Gesellschafter. Eine Kapitalerhöhung erfolgt entweder durch weitere Kapitaleinlagen oder die Aufnahme neuer Gesellschafter.

Kapitalerhöhung bei einem Einzelunternehmen

Die Beteiligungsfinanzierung bei Einzelunternehmen kann entweder durch Investoren erfolgen oder dadurch, dass der Unternehmer sein privates Vermögen einbringt.

Kapitalerhöhung bei einer Aktiengesellschaft (AG)

Bei Aktiengesellschaften erfolgt die Beteiligungsfinanzierung durch die Ausgabe neuer Aktien. Dabei erhalten die Altaktionäre in der Regel ein Vorzugsrecht,

Soll eine Kapitalerhöhung stattfinden, müssen mindestens 75 Prozent der Aktionäre auf der Hauptversammlung damit einverstanden sein. Sind diese einverstanden, ist die Anzahl der neuen Aktien, die ausgegeben werden sollen, festzulegen. Danach ist zu ermitteln, in welchem Verhältnis die neuen zu den alten Aktien ausgegeben werden sollen, um das Bezugsrecht für die Altaktionär zu bestimmen.

Kreditfinanzierung

Eine weitere Möglichkeit der Außenfinanzierung stellt die Kreditfinanzierung dar.

Quellen zur Finanzierung 

Müller, Jürgen: Betriebswirtschaftslehre und Unternehmung 2013, Kapitel 13.2.1

https://exporo.de/wiki/finanzierung/

https://www.billomat.com/lexikon/f/finanzierung/

https://www.financescout24.de/wissen/ratgeber/beteiligungsfinanzierung