Politik zur Stabilisierung

Die Poltiik zur Stabilisierung wirkt sich auf die Wirtschaftsaktivität einer Volkswirtschaft, die nicht gleichmäßig verläuft, sondern unterliegt zyklischen Schwankungen, den Konjunkturen. Allgemein werden vier Phasen unterschieden:

  • Konjunkturaufschwung,
  • Hochkonjunktur (Boom),
  • Konjunkturabschwung und
  • Depression.

In der Phase des Konjunkturaufschwungs wächst die Wirtschaft, die Produktion und der Absatz steigen. In der Hochkonjunktur wird die volle Kapazitätsauslastung (das volle Produktionspotenzial) genutzt. Die nächste Phase des Konjunkturabschwungs kann aufgrund pessimistischer Erwartungen zu einer Normalisierung oder zu einem starken Rückgang der Nachfrage führen. Zuletzt kann die gesamte Volkswirtschaft in einen Zustand der Depression gelangen, die normalerweise mit niedriger Produktion, hoher Arbeitslosigkeit, sinkenden Löhnen und einer niedrigen Investitionstätigkeit einhergeht.

Diese Phasen wirken sich durch die Verflechtungen über den Wirtschaftskreislauf auf alle Märkte der Volkswirtschaft aus.

Daher versucht der Staat die gesamtwirtschaftliche Nachfrage oder ihre einzelnen Komponenten zu beeinflussen, um so konjunkturelle Schwankungen zu glätten. Allgemeines Ziel ist es, die Konjunktur so zu steuern, dass die auftretenden Effekte und Probleme verhindert oder zumindest in ihrer Ausprägung vermindert werden.

Konjunkturverlauf als Grundlage der Stabilisierungspolitik

Quelle: Lenk/Sesselmeier (2017), S. 466

Staatliche Eingriffe in das Marktgeschehen sind durch das Gegeneinander von angebots- und nachfrageorientierter Wirtschaftspolitik geprägt. Die Theorien werden als (Neo-)Klassik und Keynesianismus bzw. Stabilitätsoptimismus und Stabilitätspessimismus bezeichnet.[1]

Neoklassik und Keynesianismus

Durch die wirtschaftlichen Fehlentwicklungen in der Neoklassik wurde der britische Ökonom und Mathematiker Keynes zu einem Förderer einer expansiven Nachfragepolitik. Grundlage seiner Allgemeinen Theorie der Beschäftigung bildet die Überlegung, dass ein Staat zur Verringerung der Arbeitslosigkeit seine Ausgaben im Ausgleich zu den sinkenden privaten Konsum- und Investitionsausgaben erhöhen muss, da nur so die gesamtwirtschaftliche Nachfrage stabilisiert bzw. erhöht werden kann. Der Keynesianismus war bis in die Mitte der 1970er-Jahre die wirtschaftspolitische Ausrichtung. Jedoch versagte der Keynesianismus u.a. nach der ersten Ölkrise und an den theoretischen Mängeln.

Diese Umstände führten zu einem Wiederaufleben von neoklassischen Ansätzen der Stabilisierungspolitik. Im Bereich der makroökonomischen Steuerung sind die neoklassischen Ansätze unter dem Begriff der angebotsorientierten Wirtschaftspolitik bekannt.

Bekannte Beispiele hierfür sind die Reaganomics in den USA und der Thatcherismus in Großbritannien. Grundlage dieser konjunkturpolitischen Konzeption ist die Idee, dass Wachstum und Beschäftigung einer Volkswirtschaft vorrangig von den Rahmenbedingungen auf der Angebotsseite abhängig sind. Konjunkturschwankungen sind in diesem stabilen System also auf partielle Störungen und kurzfristige Unvollkommenheiten des Marktes zurückzuführen, die langfristig über Veränderungen der Preise wieder ausgeglichen werden.

Aufgrund dieser „Selbstheilungskräfte des Marktes“ sollte daher auf ein Eingreifen des Staates in die Wirtschaftsprozesse weitgehend verzichtet werden.

Aktuelle Geschehnisse in der Finanz- und Wirtschaftskrise verschieben die wirtschaftspolitische Betonung allerdings wieder in Richtung des Keynesianismus. [2]

Staatliche Stabilisierungspolitik

Eine staatliche Stabilisierungspolitik wird oftmals damit begründet, dass eine Marktwirtschaft nicht automatisch zu Vollbeschäftigung, Preisstabilität und angemessenem Wirtschaftswachstum führt, sondern dass der Staat hier korrigierend eingreifen kann bzw. muss. Diese Position ist allerdings umstritten.

Inwieweit es notwendig, möglich und sinnvoll ist, durch eine stabilisierende Fiskalpolitik Konjunkturschwankungen zu glätten, unterliegt unterschiedlichen Einschätzungen. Wachstumspolitik beschränkt sich in der Regel auf das Setzen geeigneter Anreize sowie auf die staatliche Schaffung der Infrastruktur und die Förderung von Bildung, Forschung und technischem Wandel.[3]

Ziel einer Stabilisierungspolitik ist die Sicherstellung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts, das für Deutschland im Stabilitätsgesetz (Gesetz zur Förderung der Stabilität und des Wachstums StabG) von 1967 mit einem Zielbündel aus

  • hohem Beschäftigungsstand,
  • hoher Preisniveaustabilität,
  • stetigem und angemessenem Wachstum sowie
  • einem außenwirtschaftlichen Gleichgewicht

zusammengefasst wird. Die Ziele werden auch als „Magisches Viereck“ bezeichnet.[4]

Die antizyklische Fiskalpolitik: Restriktive und expansive Fiskalpolitik

Unter restriktiver Finanzpolitik versteht man die Gesamtheit sämtlicher Entscheidungen, die getroffen werden, um die konjunkturelle Entwicklung durch Senkung der staatlichen Ausgaben (z.B. Subventionen verringern, Sozialleistungen senken) und gleichzeitig durch Steigerung der staatlichen Einnahmen (Steuererhöhungen) zu dämpfen. 

Die restriktive Fiskalpolitik soll die gesamtwirtschaftliche Nachfrage und somit das wirtschaftliche Wachstum dämpfen. 

Eine restriktive Fiskalpolitik wird in Zeiten des konjunkturellen Aufschwungs betrieben, um das Wachstum der Wirtschaft abzubremsen. So soll z.B. auch ein Überhitzen der Konjunktur verhindert werden. 

Antizyklische Fiskalpolitik zur Stabilisierung

Quelle: Burth, A.

Als expansive Fiskalpolitik bezeichnet man hingegen alle Entscheidungen, die darauf abzielen, die Konjunktur durch Erhöhung der öffentlichen Ausgaben (z.B. Sozialleistungen ausbauen, Subventionen steigern) und Senkung der öffentlichen Einnahmen (z.B. Steuersenkung) anzuregen. 

Das Betreiben einer expansiven Fiskalpolitik führt zu Defiziten seitens der öffentlichen Haushalte. Die Defizite werden über eine erhöhte Verschuldung oder das Auflösen von Rücklagen finanziert. Die expansive Fiskalpolitik soll die gesamtwirtschaftliche Nachfrage anregen und somit das Wirtschaftswachstum erhöhen bzw. das Schrumpfen der Wirtschaftsleistung verringern. 

Eine expansive Fiskalpolitik wird in Phasen des konjunkturellen Abschwungs betrieben, um das Wirtschaftswachstum im Zeitablauf zu stabilisieren bzw. um eine (tiefe) Rezession zu verhindern. 

Die wichtigsten Akteure zur Durchführung einer antizyklischen Fiskalpolitik sind die Volksvertretungen (Bundestag, Landtag etc.) sowie die Finanzministerien (Bund, Länder) und Kämmereien (Gemeinden und Gemeindeverbände).[5]

Quellen und Literaturempfehlung zur Politik der Stabilisierung

Welfens, P. J. J. (2008). Grundlagen der Wirtschaftspolitik. 3. Aufl., Berlin: Springer-Verlag.

Bundeszentrale für politische Bildung (2020). Erreichbar unter: https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/politiklexikon/17463/europaeische-wirtschaftsgemeinschaft-ewg/

Presse- und Informationsamt der Bundesregierung. (o.J.). Erreichbar unter:  https://www.bundesregierung.de/breg-de/themen/europa/erweiterung-der-europaeischen-union-482748

Klitzsch, W. (2019). Grundbegriffe der Wirtschaft: Ein Nachschlagewerk für Einsteiger. Wiesbaden: Springer Gabler.

 Presse- und Informationsamt der Bundesregierung. (o.J.). Erreichbar unter:  https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/pocket-europa/16871/montanunion/

Bundeszentrale für politische Bildung (2014). Erreichbar unter: https://www.bpb.de/themen/europaeische-union/dossier-europaeische-union/42989/gruendung-der-europaeischen-gemeinschaften/

Paetz, M. (2019). Makroökonomik für Betriebswirte. Fakultät für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Universität Hamburg.

Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. Erreichbar unter: https://www.diw.de/de/diw_01.c.412207.de/presse/glossar/europaeischer_wechselkursverbund.html#412202.

Herrmann, F. (2010). Kurzvorträge BWL/VWL. Gezielt das lernen, was in den Prüfungen verlangt wird. Wiesbaden: Gabler Verlag.

Lenk, T., Sesselmeier, W. (2017). Konjunkturpolitik/Fiskalpolitik/Stabilisierungspolitik. In: Lenk, T. (Hrsg.), Volkswirtschaftslehre. Grundlagen der Volkswirtschaftstheorie und Volkswirtschaftspolitik. 6. Aufl., Wiesbaden: Springer-Gabler.

Burth, A. (o.J.). Fiskalpolitik. Erreichbar unter: https://www.haushaltssteuerung.de/lexikon-fiskalpolitik-expansive.html und  https://www.haushaltssteuerung.de/lexikon-fiskalpolitik-restriktive.html

Bundeszentrale für politische Bildung (2016). Erreichbar unter:  https://www.bpb.de/kurz-knapp/lexika/lexikon-der-wirtschaft/19286/europaeischer-binnenmarkt/


[1] Vgl. Lenk/Sesselmeier (2017), S. 465 f.

[2] Vgl. Lenk/Sesselmeier (2017), S. 466.

[3] Vgl. Herrmann (2010), S. 213.

[4] Vgl. Lenk/Sesselmeier (2017), S. 467.

[5] Vgl. Burth, Onlinequelle.